Markant, charmant, selbstironisch – das Line-Up der diesjährigen Creative Paper Conference, war so bunt wie ein Süßigkeitenladen und das Gegenteil von langweilig. Aber auch das Rahmenprogramm konnte sich sehen lassen. Mit zahlreichen Ausstellern aus der Papier Branche, fanden sich genügend Möglichkeiten mit dem Material auf Tuchfühlung zu gehen und neue, wie alte Druck- und Veredelungstechniken zu bestaunen oder gar selbst auszuprobieren – Ein Resumé von zwei Tagen Paper Magic.
Ob als Poster, Prospekt, Karte, Magazin- und Buchcover, Papier hat viele Gesichter und kann viele Geschichten erzählen. So auch auf der diesjährigen Creative Paper Conference. Die Vorträge waren von Vielfalt geprägt und doch hatten sie alle etwas gemeinsam: Papier ist greifbar, Papier ist magisch, verspielt und absolut emotional. Schon von klein auf kommt man damit in Berührung. Man malt, bastelt, schneidet, faltet, klebt.
Katrin Rodegast macht das heute noch, aber ihre Variante ist definitiv “High-End”. Hinter den Papier-Kunstwerken der jungen Illustratorin steckt viel Konzentration und akribische Vorbereitung. Dafür landen ihre 3D Papier Objekte dann öfters mal in den berühmten Zeitungen und Zeitschriften dieser Welt. Vom Wired Magazin über Die Zeit bis hin zur New York Times, ihre 3D- Objekte sind begehrt und präsentieren sich ganz vorzüglich, darunter Pop Art inspirierte Schriftzüge aus Papier oder das Weiße Haus aus echten Dollarnoten.
Im Gegenteil dazu, Studio Zwölf. Hier wird gerne extravagant experimentiert und ab und an galant gescheitert, denn Mittelmaß ist keine Option. Dafür wird scharf geschossen. Vorzugsweise auf Albumcover. Ansonsten arbeitet man gerne großformatig. Denn Stefan Guzy ist “plakatverknallt”. Schon allein deswegen ein Grund zum Verlieben. Momentan im Angebot: Ein Plakat, das rostet. Ein Siebdruck auf blutiger Ölbasis (riecht wie es klingt). Oder eine Schrift, die verschwindet.
Unsichtbare Schriften sind nichts für Langesommer, denn bei Ihnen steht Typografie ganz und vollkommen im Mittelpunkt. Von Fortesan A zu Fortesan B und über den ganzen Leistungskatalog hinweg, die Schriftarten sprudeln nur so aus dem jungen Berliner Duo, das sich vor rund zwei Jahren zusammentat, um zahlreiche Editorials zu verzieren. Mit Geschick und Einfalssreichtum platzieren sich ihre Buchstabenkreationen stilsicher an die richtige Stelle und ergeben ein harmonie-geprägtes Bild. Auch das aktuelle Cover der Novum stammt aus der Feder der beiden Künstler. Wie man sieht, sie beherrschen auch Grafik.
Papierlandschaften und Bühnenbilder sind synonym mit Tim John und seinem Atelier für Szenografie. Schweißtreibend ist die Arbeit, dafür treibt das Ergebnis der Hamburger Jungs auch kitsch-resistenten Kunstliebhabern die Freudentränen in die Augen. Ganze Kaufhäuser haben sie schon zu Weihnachten in ihre Geschichten aus Papier gehüllt und zahlreichen Schaufenstern ein faszinierend neues Facelift verpasst. Mechanisches Verständnis und Liebe zum Detail bringen darüberhinaus Bewegung in die Papierbauten.
‘The Beauty of the Movement’ ist auch das, was Peter Dahmen fesselt, wenn er seine Werke in Szene setzt. Dabei ist seine Idee für Paper-Pop-Ups aus einer Not herausgeboren: Als er bei einem Studentenprojekt ein 3D Objekt anfertigen sollte und er als einziger kein Auto hatte, musste er sich etwas einfallen lassen, um das Werk unversehrt an die Uni zu bringen. Ironie oder Schicksal das gerade ein bekannter Autohersteller ein überdimensionales Pop-Up von ihm hat erstellen lassen?
Grenzen dehnen und überspannen. Aus dem schon tausendfach Dagewesenen herausstechen und aus dem konventionellen Trott ausbrechen. Jäger & Jäger feiert auch schon mal das Nichts, produziert Ausladungen statt Einladungen oder Prospekte über Möbel am Rande der Verkäuflichkeit, visualisiert durch illustrierte Möbel am Papierrand. (Anti-) Werbematerial für Produkte, die man nicht kaufen soll, sind auch keine Ausnahme. Aber die ‘European Design Agency of the Year’ versteht nicht nur das Handwerk des Quer-, sondern auch des Vorausdenkens. Aber seht selbst, sie sind überzeugt “das Beste kommt noch”.
Die mission von mischen beruht auf maßgeschneiderten Design Lösungen, die ‘berühren und verführen’. Bei ihren zahlreichen Buch- und CI Projekten für verschiedene Künstler, arbeiten sie gerne mit unterschiedlichsten Papier-Materialien (darunter auch Papier aus Algen) und Farbschnitten, um die Essenz und Charaktere der Autoren zum Vorschein zu bringen. Wenn es dabei um ‘Mindfulness’ geht, wie be idem Projekt von Katrin Micklitz, wird die Gestaltung auch mal still. Ton in Ton Letterpressverfahren oder mehrfarbige Farbschnitte, die so dezent sind, dass sie im Einzelnen kaum zu erkennen sind.
‘Glotzt nicht so romantisch’ ruft KW Neun herüber. Das Zitat des deutschen Lyrikers Brecht, läutete die Vorstellung des Brecht Festivals ein. Kein Wunder ging es bei dem Plakat- und Broschürenprojekt stets darum, Kontraste aufzubauen und Designs zu ‘brechen’. Distanz bewahren war schließlich auch das Motto des avantgardistischen Dramatikers. Mit kleinem Budget und ‘Mut zu etwas Neun’, wurde dann auch das Projekt Studentenindex bewältigt. Jedes Absolventen-Profil wurde mit einer Pantone Sonderfarbe komplettiert. Dies führte zwar zu einer engeisterten Druckerei, aber auch zu einem bezauberndem Pantonefächer, bestehend aus 50 verschiedenen Studentenporträts und ihren Lieblingsfarben.
Dass Limitierung und Beschränkung kreative Lösungen provoziert, davon ist auch Büro Rabensteiner überzeugt. Ihr Stil ist minimalistisch, erzählt aber immer die Geschichte des Kunden. So z.B. auch eine thermolackierte Visitenkarte, die sich unter Einfluss von Wärme verändert und somit verschiedene Motive widergeben kann. Genau das Richtige für eine Fotoproduzentin. Inspiration holt man sich dabei beim Reisen oder direkt beim Kunden zu Hause. Schließich muss man wissen, wie die so ticken. Dafür stibitzt man sich auch gerne mal was aus deren Wohnung. Der letzte Fang…ein Murmeltier.
Und was nehmen wir mit, außer zahlreiche Papiermuster? Die Sprecher waren so besonders, wie das Material mit dem sie sich beschäftigen. Papier ist und bleibt, trotz der Zunahme an digitalen Angeboten, ein ausdrucksstarkes Mittel. Mit Sicherheit auch gerade deswegen. Dennoch, Ihr dürft noch etwas weiter philosophieren, während ich Euch nun freundlich aus diesem Text auslade. Bloß nicht weiterlesen und schon gar nichts weiter posten.